Familie auf Umwegen

Landkreis Landshut. „Ich mache es für das Kinderlachen. Durch die Zuneigung und Nähe, die die Kinder vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben erfahren, verändern sie sich. Der anfangs leere Blick weicht einem Strahlen – und das ist für mich Motivation genug.“ So beschreibt eine Pflegemutter aus dem südlichen Landkreis ihr Warum. Warum sie Pflegemutter geworden ist. Warum sie sich mit so schwierigen Schicksalen auseinander setzt. Warum sie Kindern anderer Eltern ein liebevolles neues Zuhause und familiären Halt gibt. Das Kreisjugendamt des Landratsamts Landshut ist ständig auf der Suche nach Pflegeeltern, die Kindern ein Zuhause und Geborgenheit geben.

Eine Pflegefamilie aus dem Landkreis im Portrait

Im Landkreis Landshut leben derzeit rund 100 Kinder in Pflegefamilien, da sie zu Hause aus verschiedenen Gründen nicht bleiben können. Die Gründe dafür sind vielfältig,  oftmals sind es berührende Schicksale: Verwahrlosung, körperliche und seelische Misshandlung, Übergriffe unterschiedlichster Art, Sucht oder aber psychische Erkrankung der Eltern können Gründe sein, warum ein Kind seine leibliche Familie verlassen muss. Jedes Pflegekind bringt immer einen „Rucksack“ mit, gefüllt mit diversen, unterschiedlich gelagerten Erfahrungen.

So berichtet die Pflegemutter, dass eines ihrer Pflegekinder wie am Spieß geschrien hat, als ein Kochlöffel beim Kochen verwendet wurde: „Da wurde mir klar, dass sie in der Vergangenheit tatsächlich mit so etwas misshandelt worden ist. Wir haben dann symbolisch den Kochlöffel verbrannt: Als Zeichen, dass sie keine Angst mehr haben muss.“

Die Trennung von der Herkunftsfamilie entsteht häufig durch deren eigene Not oder akute Belastungen. Wer selbst keine Erziehung, Sicherheit und Rückhalt erlebt hat, kann dies auch wenig oder schlecht weitergeben und die eigenen Kinder gedeihlich erziehen. Wenn das Kindeswohl gefährdet ist, wird das Kind aus der Familie genommen. Dies kann sowohl freiwillig oder aber auch durch Gerichtsbeschluss erfolgen.

Es ist jedes Mal eine neue Herausforderung, wenn ein neues Pflegekind in die Familie kommt – ein Mensch, über den man nicht viel weiß, der aber mit einer eigenen, leider meist schwierigen Geschichte belastet ist. „Man lernt sich aber schnell kennen. Wir spielen gerne am Anfang zusammen Mensch ärgere dich nicht. Dieses Spiel kennt normalerweise jeder und dann ist das Eis auch schnell gebrochen.“ Vor allem die Kinder untereinander nehmen sich gegenseitig an die Hand und helfen sich, schildern erfahrene Pflegemütter: „Natürlich ist jedes Kind individuell, braucht Betreuung und Fürsorge. Als Pflegefamilie geben wir ihnen einen Alltagsrhythmus. Und das fordern sie auch ein, eine geregelte Tagesstruktur hilft ihnen wirklich sehr, sich zu integrieren und zu stabilisieren“, erzählt die Pflegemutter. Und sie werden zu einer Familie: „Es dauert meist nicht lange, da werden wir Mama und Papa genannt. Die Pflegekinder machen unsere Familie größer, und das ist ein schönes Gefühl.“

Die Pflegeeltern müssen aber auch bereit sein, mit der Herkunftsfamilie des Pflegekindes zu kooperieren und den Kontakt zu ermöglichen. Das ist nicht immer leicht, aber notwendig. Davon hängt oftmals das Gelingen eines Pflegeverhältnisses ab. 

Die Pflegekinder, aber auch die Eltern haben das Anrecht auf regelmäßigen Kontakt untereinander. Diese Treffen mit der leiblichen Familie finden meist auf „neutralem Boden“ statt – im Kreisjugendamt oder beispielsweise in einem Einkaufszentrum oder Park. Eigentlich vom Gesetzgeber als „vorsichtige Annäherung“ gedacht, kann das die positive Entwicklung des Kindes in der Pflegefamilie wieder verzögern, die Pflegekinder sind oftmals aufgewühlt, reagieren zum Teil aggressiv oder zeigen sich sehr verschlossen. „Aber“, so machen die Pflegemütter Mut, „es ist nicht anders wie bei den leiblichen Kindern – es gibt immer Höhen und Tiefen.“

Zudem ist die sogenannte „Rückführung zu den Eltern“, wenn möglich, eine Zielsetzung. Wie lange ein Kind also in einer Pflegefamilie bleibt, kann im Vorfeld häufig nicht geklärt werden, da die Stabilisierung der Herkunftsfamilie unterschiedlich lange dauern oder gar nicht gelingen kann.

„Die Rückführung ist tatsächlich immer das Schwierigste. Sich von einem neuen, lieb gewonnenen Familienmitglied wieder zu verabschieden, das ist alles andere als leicht. Aber es gehört zu dieser Aufgabe dazu und man hat es stets im Hinterkopf.“  Die Pflegeeltern werden deshalb in Seminaren auf ihre neue Aufgabe vorbereitet und durch regelmäßige Fortbildungen begleitet. Auch das Pflegekinderwesen am Kreisjugendamt versucht, die Familien in ihren umfangreichen und wichtigen Aufgaben stets zu unterstützen. 

Wie die Mitarbeiter des Pflegekinderdienstes berichten, waren die meisten Kinder in der jüngsten Vergangenheit bei ihrer Unterbringung in der Pflegefamilie überwiegend sehr jung. Einige waren erst wenige Wochen bis maximal drei Jahre alt. Je älter das Kind ist, desto länger braucht es, sich neu ein- oder umzugewöhnen oder seine vorhandenen Defizite in seiner Entwicklung und in seinem Sozialverhalten aufzuarbeiten. Aber alle Kinder sollten, egal was ihnen im Leben widerfahren ist, eine Chance bekommen, gedeihlich versorgt und betreut zu werden und unbeschwert leben zu können.

Das Kreisjugendamt am Landratsamt Landshut ist stets auf der Suche nach Familien, die eines oder mehrere Pflegekinder bei sich aufnehmen würden und sich so der verantwortungsvollen und erfüllenden Aufgabe widmen, den Kindern, die am meisten ihrer Hilfe und Fürsorge bedürfen, ein liebevolles Umfeld zu geben. Nähere Informationen finden Sie unter www.pflegekinder-landshut.de. Das Team des Pflegekinderwesens am Kreisjugendamt steht auch gerne telefonisch unter 0871/408-4942, -4945, -4948, -4950 oder -4952 zur Verfügung.

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