Der Garten Eden im Landkreis

Der niederbayerische Garten Eden ist rund 22 Hektar groß und liegt im Landkreis Landshut gleich hinter dem Ortsschild von Adlkofen. Hier, im Lehr- und Beispielsbetrieb für Obstanbau des Bezirks Niederbayern, hätten Adam und Eva die Qual der Wahl: Hunderttausende süße und verlockende Früchtchen wachsen jede Saison an über 18.000 Bäumen und Sträuchern auf dem riesigen Gelände.

Alte Obst-Sorten und moderne Methoden – der Lehr- und Beispielsbetrieb für Obstanbau in Deutenkofen

„Wir sind Kopf- und Anlaufstelle für den heimischen Obstanbau – egal ob zu gewerblichen Zwecken oder für Hobbyzüchter“, erklärt Hans Göding. Er ist Obstbaumeister und der Leiter des Betriebes bei Adlkofen. Es geht hier aber um mehr als um fachliche Ratschläge und Anbaumethoden. Die Mission: Bei den Verbrauchern soll wieder ein Bewusstsein für heimische Obstsorten geschaffen werden. Dabei dreht sich vieles um die Frage, wie der Anbau heimischer Sorten der internationalen Massenproduktion die Stirn bieten kann.

Bedingt durch klimatische und wirtschaftliche Veränderungen haben längst auch die heimischen Obstanbaubetriebe mit immer härteren Rahmenbedingungen zu kämpfen. Der Anbau wird durch den Klimawandel zur Herausforderung. In wirtschaftlichen schweren Zeiten sparen viele Menschen zudem auch an qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln. Viele Betriebe streichen da die Segel: Bei Äpfeln beispielsweise sind nur 66 Prozent des Bedarfs durch heimische Produktion abgedeckt, bei anderen Obst- und Gemüsearten sieht es noch schlimmer aus. Die Lücke füllen dann die zwei bis drei Sorten, die es im Supermarkt zu kaufen gibt. Die deutsche Eigenversorgung bei Obst und Gemüse liegt insgesamt sogar nur bei 20 Prozent.  

„Pink Lady“-Äpfel zählen zum Beispiel dazu – eine Züchtung aus Australien. Dabei sind gerade die heimischen alten Obstsorten, wie es sie früher auf jedem Bauernhof gab, erhaltenswert und oft auch widerstandsfähiger was Klimaschwankungen, Krankheiten und Schädlingsbefall angeht. Sie zeichnen sich aber vor allem durch eines aus: eine einzigartige Geschmacksvielfalt. Um diese Vielfalt zu erhalten, treffen alte Obstsorten in Deutenkofen auf moderne Anbaumethoden. Von wissenschaftlicher Forschungsarbeit will Göding dabei nicht sprechen. Der Begriff „Feldversuche“ treffe es eher. Auf alle Fälle ist es ein wichtiger Erkenntnisgewinn, der Deutenkofen zum gallischen Dorf des heimischen Obstanbaus macht.

Obst schützen und Strom erzeugen

Neuestes Projekt ist „Agri-PV“. Denn nicht nur die Klimaveränderungen setzen den Obst-Anbauern zu, sondern auch die Energiekosten. Auf einer 1.200 Quadratmeter großen Anbaufläche für Äpfel testen Göding und sein Team deshalb, wie sich Energiegewinnung und Obstanbau vereinen lässt. Unter einem Dach aus teiltransparenten Solarmodulen, die 40 bis 50 Prozent des Lichts durchlassen, wachsen gut geschützt die Apfelbäumchen. Unter dem Solardach herrschen gemäßigte klimatische Bedingungen. Die Pflanzen sind vor Hagelschlag und Frost geschützt, die schon mal eine ganze Ernte vernichten können. Gleichzeitig produziert die Anlage Energie. Nahezu 100 Kilowatt-Peak beträgt ihre Leistung. „Rein rechnerisch haben wir damit eine Überproduktion“, sagt Göding. Ein Grund, warum das Agri-PV-Konzept vielversprechend erscheint. Ob es ein Zukunftsmodell für den niederbayerischen Obstanbau sein kann, das sollen die Erfahrungen der nächsten Jahre zeigen. Denn dass Äpfel mit einem Frachtschiff um die ganze Erde geschippert werden, damit im niederbayerischen Supermarktregal eine Pink Lady landet, erscheint nicht wirklich nachhaltig.

Zwei Kilometer bis zum Verbraucher

Womit wir bei der Direktvermarktung angelangt wären. In Deutenkofen werden nicht nur Versuche durchgeführt und neue Anbaumethoden erprobt, sondern die dabei anfallenden  Früchte auch verkauft. Selbstpflücker können sich auf dem riesigen Gelände während der Saison von Montag bis Freitag mit leckeren Früchten der Saison eindecken. Außerhalb der Saison wird eingelagertes Obst im Hofladen das ganze Jahr über angeboten (Dienstag bis Freitag, 13 bis 17 Uhr). Die Energiebilanz, die Deutenkofen dabei vorzuweisen hat, kann sich sehen lassen. Ein Grund: „Bei uns legt ein Apfel maximal eine Strecke von zwei Kilometern zurück“, sagt Göding. Die notwendige Energie, um die Früchte auf Lagertemperatur abzukühlen, stammt aus eigener umweltfreundlicher Produktion. Und das macht immerhin 75 Prozent des gesamten Energieverbrauchs für die Lagerung des Obstes im Handel aus.

Hans Göding (li.) und sein Team beraten Hobby-Obstanbauer genauso wie professionelle Erzeuger. Hier wird der Beerenschnitt erklärt. Alle Fotos: Sabine Bäter

Nicht nur für Qualitäts- und Umweltbewusste, auch für Feinschmecker ist der Garten Eden im Landkreis Landshut übrigens eine gute Adresse: Die Obstbrennerei in Deutenkofen – Liköre und Brände, destilliert aus eigenem Obst – ist in der Region ein echter Geheimtipp. Und natürlich gilt auch hier, was für Obstanbauer gilt: Die Experten in Deutenkofen stehen Interessierten an der Kunst der Brennerei mit viel Fachwissen und Ratschlägen zur Seite.

Ein Highlight im regionalen Veranstaltungskalender ist das alljährlich stattfindende Blütenfest, bei dem der Betrieb zu Beginn der Saison seine Pforten für Besucher eröffnet und für den heimischen Obstanbau wirbt und gleichermaßen die große Obstausstellung am letzten Sonntag im September.

Neugierig geworden? Mehr Informationen über Deutenkofen und den aktuellen Obstverkauf gibt es unter diesem Link.

Vom Schlossgut zum Lehr- und Beispielbetrieb

Das ehemalige Schlossgut Deutenkofen war ab 1027 Sitz diverser Adelsgeschlechter. 1904 wurde es vom Bayerischen Staat übernommen. Ab 1950 bewirtschaftete die Staatliche Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau das Gut und legte umfangreiche Obstpflanzungen an. Wichtige Entwicklungen waren die Umstellung auf moderne Obstsorten und die Einführung von Selbstpflücke. 1957 ging das Anwesen in die Verwaltung des Bezirks Niederbayern über und wurde 1999 in „Lehr- und Beispielbetrieb für Obstbau Deutenkofen“ umbenannt. Heute werden auf 22 Hektar etwa 18.000 Bäume in 550 Sorten kultiviert, unterstützt von neuesten Forschungserkenntnissen und einer eigenen Obstbrennerei. Jährlich werden rund 35 Kurse für Hobbygärtner und Fachkreise angeboten.

An über 18.000 Bäumen und Sträuchern wachsen süße und gesunde Früchte.
Feldversuch: Solaranlagen überdachen einen Teil der Apfel-Erzzeugung. Getestet wird, ob Stromerzeugung und Obstanbau zusammenpassen. Hier misst ein Mitarbeiter in Deutenkofen den Lichteinfall.
Im Hofladen werden die Früchte und Brände das ganze Jahr über zum Verkauf angeboten.
In Deutenkofen gibt es auch eine Brennerei.

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