Klappernde Erfolgsstory

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERA

Noch in den 80er Jahren war der „Klapper“-Storch ein seltener Anblick im Landkreis Landshut. Die großen schwarzweiß gefiederten Vögel waren damals in ganz Bayern so gut wie ausgestorben. „Sie waren ein wirklich seltener Anblick“, sagt Helmut Naneder, stellvertretender Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Landshut e. V. (LPV). Mittlerweile hat sich der Landkreis zu einem Paradies für Weißstörche entwickelt und das typische Klappern der Schnäbel, mit dem die Tiere auf sich aufmerksam machen, ist wieder an vielen Stellen im Landkreis zu hören. Ein Erfolg, der zeigt: Jahrzehntelange Naturschutz- und landschaftspflegerische Maßnahmen zahlen sich aus. Eine besondere Rolle spielt dabei eine Gemeinde im Landkreis-Norden.

Störche waren hierzulande fast ausgestorben. Jetzt ist der Landkreis wieder ein Paradies für die Vögel.

„Acht Storchenpaare brüten derzeit im Landkreis Landshut“, sagt Simon Sedlmeier-Rudek, am Landratsamt Landshut zuständig für Naturschutzprojekte. Jeweils ein Paar haben sich in Rottenburg, Pfeffenhausen, Niedereulenbach, Neufahrn, Ergoldsbach, Gerzen, Schalkham und Vilsbiburg niedergelassen und ziehen hier ihren Nachwuchs groß. Drei bis fünf Eier legen die Tiere im Schnitt.  Die Zahl der hier siedelnden Paare kennt der Naturschutzexperte genau. Noch immer werden Störche hier aufmerksam beobachtet – auch wenn die Population der stolzen Vögel mittlerweile „ein gesundes und stabiles Niveau“ im Landkreis Landshut erreicht hat.

Meister Adebar war fast ausgerottet

Das war nicht immer so. „In den 80er und 90erJahren haben wir uns über jeden einzelnen Storch gefreut, den wir gesehen haben. Jahrzehntelang hatten die Tiere sich kaum mehr blicken lassen“, erzählt Naneder. Der Naturschutzexperte  war der Vorgänger von Sedlmeier-Rudek im Landratsamt, bevor er zum LPV Landshut wechselte. Immer kleiner werdende Lebensräume durch intensive Bewirtschaftung und lebensgefährliche Infrastrukturen, wie zum Beispiel ungeschützte Stromleitungen, ließen den Zugvogel, der heute zunehmend gar nicht mehr in Afrika, sondern auch bei uns überwintert, fast verschwinden. Doch dann setzte ein Umdenkprozess ein. Ein gutes Beispiel für die Kraftanstrengung der Kommunen dafür sei die Stadt Rottenburg, sagt Naneder.

Die Stadt setzt sich aktiv für den Erhalt der Biodiversität und der Renaturierung von Flächen ein. Im Rahmen des Projekts „Stadt-Land-Fluss“ wurde ein Pflegekonzept für alle städtischen Flächen entwickelt. Zudem führte die Stadt ein Flächentauschprogramm im Rahmen einer ökologischen Flurneuordnung durch, um der Natur etwas Gutes zu tun und Lebensräume zu arrondieren und neu zu schaffen. „STADT-LAND-FLUSS – Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand für Rottenburg a.d.Laaber“ heißt das aktuelle Projekt, das durch intelligente landwirtschaftliche Nutzung dabei hilft, die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern.

Kein Wunder also, dass sich der Storch im Norden des Landkreises besonders wohl fühlt. Hier findet er genug Nahrung – etwa 550 Gramm pro Tag vertilgt der Allesfresser unter anderem an Insekten, Kleinsäugern, Fröschen und Molchen – und genug Siedlungsraum. Weil der Storch ein „Kulturfolger“ ist, fühlt er sich in der Gesellschaft von Menschen wohl und baut seinen Horst schon mal mitten in einer Stadt. Weil er sich dabei auch mal Kamine und Schlote aussucht, wurde früher die Storchennester einfach beseitigt. Statt die Horste zu zerstören, ging man dazu über, Ausweichquartiere zu schaffen. Eine der wichtigsten Gründe, warum sich die Population erholen konnte: „Die Stromversorger wurden dazu verpflichtet, ihre Mittelspannungsmasten sicher gegen Stromschlag zu machen“, erzählt Naneder. Viele Tiere waren zuvor verendet, weil sie mit stromführenden Teilen in Berührung kamen.

Der Glücksbringer von Pfeffenhausen

Dieses Bündel an Maßnahmen zeigte schließlich Erfolg. Der Storch kehrte durch bayernweit steigende Zahlen auch in den Landkreis Landshut nach jahrzehntelanger Abwesenheit zurück. „Die Keimzelle war Pfeffenhausen“, erinnert sich Naneder. Von dort aus breitete sich der Storch im Landkreis-Norden aus. Die Flusslandschaft rund um die Große Laber bietet ideale Bedingungen. Dort gibt es jetzt sogar die Labertaler Storchenroute, auf der Wanderer und Radfahrer zwischen Rottenburg an der Laaber und Langquaid Fauna und Flora – den Lebensraum des Storches – in dem idyllischen Flusstal entdecken können. „Dass es einmal acht Brutpaare im Landkreis Landshut geben könnte, hätten wir uns noch in den 90er Jahren nicht träumen lassen“, so Naneder. Ein Glücksfall im wahrsten Sinne des Wortes. Denn „Adebar“, eine altdeutsche Bezeichnung für den Storch, bedeutet so viel wie Glücksbringer. Dass er die Babys bringt, ist allerdings ein Märchen.

Noch mehr freut Naneder und Sedlmeier-Rudek aber, dass der Glücksbringer sich jetzt auch in den südlichen Landkreis ausbreitet. Und hier, im Vilstal, haben die Naturschützer bei einem Paar sogar eine absolute Besonderheit beobachtet: Auf einer abgestorbenen Pappel, die ein Biber gefällt hat, hat ein Storchenpaar sein Nest gebaut. Ungewöhnlich ist das, weil Störche als „Kulturfolger“ mittlerweile fast ausschließlich auf Hausdächern und sogar in der Nähe von Mobilfunkmasten nisten.

„Ursprünglich waren sie ja Baum- und Felsbrüter“, erklärt Simon Sedlmeier-Rudek. Jedenfalls war das so, bis der Mensch immer tiefer in den Lebensraum der Tiere eingedrungen ist.

Junge Störche im Horst in Pfeffenhausen. Alle Fotos: Naneder
Ein Storch auf Nahrungssuche auf einer Wiese im Labertal.
Acht Storchenpaare nisten aktuell im Landkreis Landshut.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert