Von Röhrlingen und Lamellenpilzen

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Steinpilze, Maronen, Pfifferlinge – die Chancen für eine reiche Ausbeute für Pilzsammler sind im Landkreis Landshut hervorragend. Eine bunte Vielfalt an Pilzarten gedeiht hier zwischen Isar-Auwäldern und Hangleite. Auch seltene und bedrohte Arten finden sich in geschützten Wäldern im Unterholz. Doch nicht nur aus Gründen des Naturschutzes wäre es manchmal besser, sich an seinem Fund in der Natur nur zu erfreuen – und ihn nicht zu verspeisen. Warum, das weiß Alfred Hussong aus Niederaichbach so gut wie kaum ein anderer in der Region.

Das Pilzparadies zwischen Isarauen und Hangleite

Hussong ist Vorsitzender der Pilzfreunde Landshut e. V. und ein ausgewiesener Pilz-Experte. Wie in jedem Jahr ist Hussong auch in diesem Herbst wieder ein gefragter Mann. „Eigentlich steht unser Verein in erster Linie für den Naturschutz und den Erhalt der Arten“, erzählt er. Neben dem wissenschaftlichen Interesse für Pilze, dem Erhalt der Artenvielfalt der heimischen Pilzwelt und der volkstümlichen Pilzkunde gehört aber auch die Aufklärungsarbeit zu den Vereinszielen. Und die hat in der Pilzsaison eine ganz besondere Bedeutung. Denn nicht alles, was schön aussieht, ist auch genießbar. „Bei unserem Beratungsangebot geht es vor allem darum, Pilzvergiftungen zu vermeiden“, sagt Hussong.

Erst fragen, dann essen!

Einen Pilz essen, der unbekannt ist – gibt’s das? „Das kommt häufiger vor, als man denkt“, sagt Hussong. So häufig, dass Hussong und seine Vereinskameraden allen Pilzsammlern in der Region ein besonderes Angebot machen: „Wir kontrollieren gerne die Körbe der Pilzsammler und sortieren die giftigen und ungenießbaren Exemplare aus“, erzählt er.

Auch wenn das an manchen Tagen richtig viel Arbeit ist. Wie wichtig dieses ehrenamtliche Engagement ist, das zeigen die „Funde“, die die Spezialisten immer wieder aus den Körben der Sammler fischen. Fliegenpilze gehören da noch zu den harmloseren Arten. Nicht selten entdecken sie den hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilz. „Wir nehmen uns gern Zeit für die Kontrolle“, sagt Hussong. Uns ist das auf alle Fälle lieber, als nachts einen Anruf von der Notfallambulanz zu bekommen“, erzählt Hussong.

Beliebt bei Pilzsammlern: der Pfifferling. Fotos: Hussong.

Die hat sich in der Vergangenheit tatsächlich schon öfters ratsuchend an den Experten aus Niederaichbach gewandt. Meist geht es dann um eine Frage: Wie giftig ist das Schwammerl, das ein über Beschwerden klagender Patient Stunden zuvor verspeist hat? Die Folgen eines unbedarften Pilzgenusses können tatsächlich von unangenehmen Verdauungsbeschwerden bis hin zur akuten Lebensgefahr reichen. Dabei ließen sich derlei gefährliche Unannehmlichkeiten leicht vermeiden. Dafür gilt es nur einen Rat zu befolgen: „Erst fragen, dann essen. Nicht umgekehrt. Und schon gar nicht erst essen und dann googeln!“, so Hussong.

Wobei in Bayern eine wichtige Regel praktisch zum weiß-blauen Grundwissen gehört: Nur Röhrlinge (Schwamm auf der Unterseite) sammeln, Lamellenpilze lieber stehen lassen. Der Grund: Zwar gibt es auch ungenießbare Exemplare wie den Satansröhrling. Der führt Stunden nach dem Genuss aber meist nur zu äußerst unangenehmen Vergiftungssymptomen wie Übelkeit und Verdauungsstörungen. Ein Spaß ist das freilich nicht, aber immerhin auch nicht lebensgefährlich.

Seltene Pilzarten in geschützten Wäldern

„Wir haben hier sehr schöne Wälder, in denen wirklich seltene Pilzarten wachsen“, sagt Hussong. Einer davon ist der Dattelbraune Ellerling. Früher ein weit verbreiteter Speisepilz. Mittlerweile steht er leider auf der Roten Liste gefährdeter Arten – und Pilzfreunde sollten sich lieber an seinem Anblick als seinen Geschmack erfreuen. Ohnehin sollten es Schwammerlfreunde mit den Pilzmahlzeiten nicht übertreiben. Denn es gibt immer noch Gebiete, in denen die radioaktive Belastung von Pilzen nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl erhöht ist. Wie viel radioaktives Cäsium-137 ein Pilz speichert, hängt zudem von der Art ab. Auch darüber wissen die Pilzfreunde Bescheid und geben gerne Auskunft. „Wir wollen den Menschen schließlich auch Wissen vermitteln“, sagt Hussong, dessen Interesse für die heimische Pilzwelt in erster Linie wissenschaftlicher Natur ist.

Bei der Schwammerl-Suche geht es sowieso nicht nur um den kulinarischen Genuss, sondern vor allem auch um die Freude an der Natur. Um den Kopf „freizubekommen, abzuschalten und den Stresspegel zu senken“, gäbe es nichts Besseres – sagt jedenfalls Hussong. „In unserer herrlichen Natur vergisst man ganz schnell seinen Ärger.“ Und was am Ende im Korb landet, ist dann nicht mehr so wichtig.

Sie brauchen eine Pilzberatung oder wollen selbst Pilz-Experte werden? Hier geht es zur Homepage der Pilzfreunde Landshut e. V.

Der „Datelbraune Ellerling“. Weniger leicht zu merken ist sein lateinischer Name: Cuphophyllus colemannianus
Der Stadtchampignon (Agaricus bitorquis). Weil er viele Schadstoffe aus seiner Umgebung aufnimmt, eignet er sich nicht zum Verzehr.
Der Anhängselröhrling (Boletus subappendiculatus) ist eine sehr selten gewordene Pilzart, die auch im Landkreis Landshut wächst.
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Kategorisiert in Freizeit

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