1,5 Millionen Euro für Moorflächen

Eine Raststätte an der Autobahn ist an und für sich nichts Ungewöhnliches. Dieser spezielle blühende „Rastplatz“ neben der A92 zwischen Dingolfing und Landshut ist aber sogar von europäischer Bedeutung: Das Naturschutzgebiet Mettenbacher und Grießenbacher Moos mit nördlicher Isarhangleite im Landkreis Landshut dient Zugvögeln, die vom Aussterben bedroht sind, als Brutstätte und Sommerquartier und anderen bedrohten Tierarten als Lebensraum. Der Landkreis Landshut investiert kräftig in den Erhalt dieser Naturparadiese: 1,5 Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2023 für den Ankauf von Moorflächen bereit.

Neben der A92 gibt es ein Naturparadies für seltene Arten 

Ähnlich weit gereist wie ihre menschlichen Pendants am Autorastplatz direkt neben dem Naturschutzgebiet im Landkreis Landshut sind die Zugvögel, die im Mettenbacher und Grießenbacher Moos ab Ende März Station machen. Von Südfrankreich, Portugal, ja sogar Nordafrika zieht es den Kiebitz und den Großen Brachvogel – die beiden meist gefährdeten gefiederten Gäste der Region – im Sommer in das Naturparadies im Isartal. Gebietsbetreuer Manfred Röslmair vom Landschaftspflegeverband Landshut kümmert sich darum, dass die vom Aussterben bedrohten Arten hier ideale Bedingungen vorfinden.

Naturperlen mit besonderem Schutzstatus

Der 55-Jährige betreut seit zwei Jahren hauptberuflich ein Gebiet mit etwa 2.500 Hektar im Isartal und 800 Hektar an der Isarhangleite. „Naturperlen“ nennt er „seinen“ Bereich im Landkreis Landshut, der im Rahmen der Natura 2.000 Initiative ein europäisches Vogelschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete umfasst und eine sehr wertvolle Region für Natur- und Artenschutz ist. Seine Hauptschützlinge sind der Große Brachvogel und der Kiebitz. In den letzten 30 Jahren wurde der Bestand des Großen Brachvogels in Deutschland um etwa 60 Prozent, beim Kiebitz sogar um fast 90 Prozent reduziert. Dabei lebte der Kiebitz früher im gesamten Landkreis. 

Einzigartiges Gebiet ist Wohnzimmer der Wiesenbrüter


Grund zu handeln für den schon immer sehr an der Natur interessierten Ergoldinger, der als Gebietsbetreuer sein Hobby und früheres Ehrenamt zum Beruf gemacht hat. Das Schlüsselerlebnis für sein Engagement war ein flauschiges Brachvogelküken, das er in einem Acker gefunden hat. „Die Küken beider Zugvögel sind Nestflüchter und in der Zeit, in der sie noch nicht fliegen können, besonders gefährdet“, so Röslmair. Zudem entspricht der durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und gezielte Entwässerung der hiesigen Niedermoore veränderte Lebensraum nicht mehr dem idealen „Wohnzimmer“ der stark gefährdeten Zugvögel. Wiesenbrüter brauchen weite, offene Landschaften mit Nassbereichen. Daher werden wasserführende Seigen angelegt und der Lebensraum durch die Pflege von Schilf und Gehölzen freigehalten. 

Landwirtschaft und Wiesenbrüter: Neue Projekte koordinieren Zusammenleben

Der Naturschützer erläutert genauer: „In den ehemaligen Niedermoorgebieten fehlt die Feuchtigkeit und damit zum Beispiel feuchte Senken mit flachen Ufern, die viel Nahrung bieten, ähnlich wie das Watt an der See.“ Deshalb werden in landkreiseigenen Wiesen solche Senken speziell dafür angelegt. Da artenreiche und niederwüchsige Wiesen selten geworden sind, ist zum Beispiel der Kiebitz inzwischen auf Ackerflächen ausgewichen, um zu brüten. Verhängnisvoll, denn genau zur Brutzeit werden die Äcker bestellt. Dies zeitlich besser zu managen und bei den Landwirten Gehör zu finden ist ein von Röslmair angestoßenes Projekt. „Es gibt Ausgleichszahlungen für Landwirte, die den Acker während der Brutzeit brach liegen lassen, und wir versuchen auch sogenannte „Kiebitz-Inseln“ zu organisieren, wenn es nicht anders geht“, beschreibt der Gebietsbetreuer seine Arbeit, die auch viel mit Management, Dokumentation und Planung zu tun hat – und mit Öffentlichkeitsarbeit. An zwei festen Terminen im Mai bietet er öffentliche Führungen in seinem Gebiet an. Im Herbst, zum Start der Zugvögel, soll es einen weiteren geben. Auf Anfrage gibt es z. B. für Gruppen oder Schulkassen auch individuelle Termine.

Kindergarten und passender Lebensraum für Nestflüchter

Im April und Anfang Mai hat Röslmair dagegen mit der „Brutpflege“ Hochsaison. Gelege werden gesucht, spätere Mäh- und Feldbearbeitungstermine mit den Landwirten koordiniert, bei Bedarf Zäune um Nester gezogen. Dadurch entsteht sozusagen ein „Vogelkindergarten“, um den Fuchs abzuhalten, den größten Fressfeind der Nachzucht. Manchmal werden in Wiesen um die Brutstätten Frühmahdstreifen angelegt, um das Überleben der Kleinen zu sichern. „Zum einen ist eine gemähte Wiese wie ein gedeckter Tisch für die Küken, zum anderen ist es für sie bei nasskaltem Wetter wichtig, aus dem hohen Gras rauszugehen, um sich vom Wind das flauschige Dunenkleid trocknen zu lassen, da sonst die Gefahr des Erfrierens besteht“, erläutert der Fachmann.

Landrat Peter Dreier (re.) lässt sich die besondere Tierwelt des Naturschutzgebietes erklären.

Um den Bestand der bedrohten Arten zu sichern, muss übrigens jedes zweite Vogelpaar mindestens einen Jungvogel pro Jahr durchbringen. Das gelingt nicht immer und so ist es auch für den Gebietsbetreuer kein einfacher Job, der durch trockene Sommer und eine deutliche Vermehrung der Fressfeinde „auch eine gewisse Leidensfähigkeit voraussetzt“, wie er sagt.

Seltener Trockenstandort im Landkreis Landshut

Neben dem Engagement im Vogelschutz ist Manfred Röslmair noch für ein weiteres, für ihn „sensationelles“ Stück Land verantwortlich: die nördliche Isarhangleite. „Hier wurde aufgrund der guten Voraussetzungen früher sogar Wein angebaut. Durch die südexponierte Lage mit hochwertigen Trockenhängen und Magerrasen-Bereiche gibt es hier viele schützenswerte Reptilien und Amphibien, zum Beispiel die Kreuzkröte, die Zauneidechse oder die Schlingnatter. Ein Aufzuchtprojekt unterstützt hier den Kreuzkröten-Nachwuchs. Neben der Hege der bedrohten Arten liegt dem Gebietsbeauftragten viel an öffentlicher Aufklärung und an der Kommunikation mit allen Beteiligten. Neben Landwirten und Jägern, die er gern mit ins Boot holt, appelliert er auch an Hundebesitzer, daran zu denken, dass eine Wiese zur Brutzeit nicht der beste Ballspielplatz für einen Vierbeiner ist. „Die Wiesenbrüter fühlen sich schon gestört, wenn der Hund neben dem Gelege ein paarmal nur dem Ball hinterherrennt“, klärt er auf. Sein größter Wunsch für die Niedermoorwiesen: „Es wäre schön, wenn wir wieder mehr Wasser hereinbringen würden, zum Beispiel dadurch, dass die Entwässerung an die tatsächliche Witterung angepasst wird. Das würde auch bei der Etablierung von bunten, artenreichen Streu- und Feuchtwiesen für seltene Schmetterlingsarten wie Blaukernauge und Wiesenknopf-Ameisenbläuling helfen.“

Landkreis Landshut investiert 1,5 Millionen in den Moorschutz

Bodenschonende Bewirtschaftung und nicht zuletzt ein kontinuierliches Wassermanagement, um intakte Moorböden zu gewinnen, ist auch ein großes Anliegen des Landkreises. Haushaltsmittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro stehen im Kreishaushalt für den Ankauf von Moorflächen bereit, auch in der Region des Gebietsbetreuers. Den freut es, denn ein intaktes Moor verspricht nicht nur seinen Schützlingen einen perfekten Lebensraum, sondern ist auch für den Klimaschutz als CO2-Speicher wichtig.

Kontakt:

Manfred.Roeslmair@landkreis-landshut.de

0871 / 408 – 5506
0157 / 87 888 292
www.lpv-landshut.de

www.gebietsbetreuung.bayern

Direkt neben der A92 gibt es mit dem Grießenbacher Moos ein wahres Naturparadies. Fotos: lpv
Hinweistafeln erklären die Bedeutung des Naturschutzgebiets Mettenbacher und Grießenbacher Moos.
Das Naturschutzgebiet liegt nur wenige Meter von der Autobahn entfernt.

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