Zeitreise mit langen Haaren

Neubürger im Landkreis Landshut werden sich wundern: Egal ob in der Arbeit, beim Einkaufen, beim Arzt oder in der Freizeit. Egal ob Jung oder Alt, Jungs oder Mädchen, Männer oder Frauen – auffällig viele Menschen tragen die Haare plötzlich schulterlang. Es ist ein Trend der typisch ist für die Region Landshut – und der im Normalfall alle vier Jahre wiederkehrt. Der Grund dafür ist die „Landshuter Hochzeit 1475“. Eines der größten und authentischsten historischen Feste in Europa, das heuer wieder vom 30. Juni bis 23. Juli stattfinden wird. Einige hunderttausend Gäste aus der ganzen Welt werden dann wieder in der Region erwartet. Die Vorbereitungen dazu haben in Stadt und Landkreis bereits vor Monaten begonnen.

Die Landshuter Hochzeit – eine Region taucht ein ins Mittelalter

Alle vier Jahre schlüpfen über 2.500 Frauen, Männer und Kinder aus Stadt und Landkreis Landshut in historische Kostüme und verwandeln sich in Edeldamen, Fürsten, Ritter, Mägde und Landsknechte, um ein großes historisches Ereignis lebendig werden zu lassen: die Hochzeit des Wittelsbacher Herzogs Georg dem Reichen mit der polnischen Prinzessin Hedwig. Der vierjährige Rhythmus des Festes ist seit Jahrzehnten fest in der Region verankert  – und es braucht schon eine weltweite Pandemie, um ihn aus dem Takt geraten zu lassen. Denn eigentlich hätte die Landshuter Hochzeit 1475 bereits 2021 stattfinden sollen und musste wegen der globalen Corona-Welle abgesagt werden. Umso größer ist die Vorfreude der Menschen in Stadt und Landkreis auf die diesjährige Aufführung.

Eine ganze Region begibt sich auf Zeitreise

An insgesamt vier Wochenenden wird die „Landshuter Hochzeit 1475“ im Sommer 2023 so originalgetreu wie möglich nachgespielt. Höhepunkt der Aufführung mit ihren zahlreichen Veranstaltungen ist der riesige Festzug an den Sonntagen der Festwochenenden. 2.500 kostümierten Mitwirkende aus Stadt und Landkreis Landshut ziehen dann durch die historische Altstadt von Landshut. Der Aufwand, der dafür vom Veranstalter, dem gemeinnützigen Verein „Die Förderer“, betrieben wird, ist bei jeder Aufführung der „Landshuter Hochzeit 1475“ gewaltig.

Ziel der über 7.000 Vereinsmitglieder: Alles soll so authentisch wie möglich sein. Dazu gehören die originalgetreue mittelalterliche Kleidung, die typische Musik des ausgehenden Mittelalters, ein „echtes“ Ritterturnier, die Sprache der Menschen von 1475, Speisen und Getränke – und natürlich die Frisur. Anders gesagt: Stadt und Landkreis begeben sich für vier Wochenenden auf Zeitreise ins Mittelalter.

Die Landshuter Hochzeit 1475.

„Die Darsteller sind keine Profis, keine echten Schauspieler, sondern Laien. Es sind die Menschen aus Stadt und Landkreis Landshut, die alle die Begeisterung für die Landshuter Hochzeit teilen“, sagt Alexander Truhlar, Mitglied des Vorstands der Förderer. Der Wohnort in Stadt oder Landkreis ist, neben der Frisur, eine der wichtigsten Voraussetzungen, um als Mitwirkender mit dabei sein zu können bei einem der größten Historienfeste weltweit. Für die Rollen – zum Beispiel als Hofmusikant, Turnierritter, Fechter, Fahnenschwinger oder Gaukler – sind zum Teil Spezialwissen und besondere Fertigkeiten notwendig. Das ist auch der Grund, warum nicht alle 2.500 Rollen bei jeder Aufführung neu besetzt werden. Die Vorbereitungen für 2023 haben längst, schon im letzten Jahr, begonnen.

Die 850 Rollen, die bei der Landshuter Hochzeit neu vergeben werden, sind deshalb heiß begehrt. „2.300 Bewerber aus Stadt und Landkreis Landshut haben sich dafür gemeldet“, erzählt Truhlar. Wer mit dabei ist, das entscheidet ein Besetzungsausschuss der Förderer. Die langen Haare sind dabei die Grundvoraussetzung für die Teilnahme an der Zeitreise. Bedecken die Haare bei den Männern nicht die Ohren und fallen sie bei den Frauen nicht über die Schultern, ist ein wesentliches Kriterium für die Teilnahme nicht erfüllt – und eine Teilnahme rückt in weite Ferne. „Die Frisur ist wichtig. Sonst stimmt einfach das Gesamtbild nicht“, sagt Alexander Truhlar. Unerwünscht sind deshalb auch Pony-Frisuren, Strähnchen bzw. modische Haarklammern oder -spangen.

Immaterielles Kulturerbe Deutschlands

Mittlerweile ist die Aufführung der Landshuter Hochzeit wie ihr historisches Vorbild selbst zu einem identitätsstiftenden Teil der Bayerischen Geschichte geworden. Seit über 100 Jahren, seit 1903, gibt es das Mittelalterfest, das zur Erinnerung an die Heirat von Herzog Georg dem Reichen mit der polnischen Königstochter Hedwig gefeiert wird. Und mit den Jahren ist die Authentizität immer wichtiger geworden. Bei den Förderern beschäftigen sich mittlerweile Historiker mit den Ereignissen von 1475.

Zogen zu Beginn die Hochzeiter noch in Fantasiekostümen durch die Stadt, wäre das mittlerweile undenkbar. Kleidung und Rüstungen, Speisepläne, aber auch Veranstaltungen wie das Ritterturnier orientieren sich streng an dem historischen Vorbild.

Wegen der Authentizität des Festes, aber auch wegen des langen Zeitraums, in dem die Aufführungen bereits stattfinden, gehört die „Landshuter Hochzeit 1475“ seit dem Jahr 2018 sogar zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands – und ist ein prägender Bestandteil von Stadt und Landkreis Landshut geworden.

Jetzt schon Tickets bestellen

Heiß begehrt sind aber nicht nur die Rollen der Landshuter Hochzeit, sondern auch die Tickets für die vielen Veranstaltungen im Rahmen des Historienfestes, die es nur in begrenztem Umfang gibt und die deshalb heiß begehrt sind. Wer im Sommer mit dabei sein möchte, sollte sich sputen. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Tickets können hier geordert werden:

https://www.landshuter-hochzeit-tickets.de

Das ist der geschichtliche Hintergrund

Vor über 500 Jahren war die Region der Sitz der reichen Herzöge von Bayern – und Landshut damit die „Hauptstadt“ von Bayern. Die Hochzeit von Herzog Georg dem Reichen aus dem Adelsgeschlecht der Wittelsbacher und der polnischen Prinzessin Hedwig war deshalb im Jahr 1475 ein Ereignis von staatstragender Bedeutung und hat die Geschichte Bayerns entscheidend geprägt. Das Fest, das damals in Landshut gefeiert wurde, war ein herausragendes Ereignis und dauerte insgesamt sechs Tage. Es war ein gewaltiges Spektakel, an dem alles teilgenommen hat, was in der mittelalterlichen Gesellschaft Rang und Namen hatte. Sogar Kaiser Friedrich III. war damals nach Landshut gekommen.

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