Bei routinemäßigen Ausgrabungen für ein Baugebiet am Rande von Bayerbach bei Ergoldsbach machten Archäologen des Landkreises Landshut eine unerwartete Entdeckung: Im Schatten von drei mächtigen Grabhügeln stießen sie auf einen Friedhof aus dem 7. Jahrhundert, der die letzte Ruhestätte eines bajuwarischen Reiterfürsten birgt. Die Entdeckung bietet einen seltenen Einblick in die Lebensweise und den sozialen Status der bajuwarischen Elite des Frühmittelalters. Besonders begeistert sind Wissenschaftler von einem einzigartigen Fund im Grab des Mannes: ein mit bronzestreifen verzierten Holzbecher. Ein derartiger Holzbecher ist im mitteleuropäischen Raum bisher ohne Vergleich“, so Kreisarchäologe Dr. Thomas Richter.
Archäologen stoßen auf das Grab eines golden schimmernden Reiterfürsten
Die Archäologen fanden das Grab des Reiterfürsten zentral unter einem der Grabhügel. Zum Zeitpunkt seines Todes war der Reiter-Fürst zwischen 50 und 60 Jahre alt. Obwohl dem Bajuwaren ein Teil seiner Waffen bereits kurz nach der Bestattung aus dem Grab geraubt worden war, ist der Verstorbene anhand seiner Grabbeigaben als berittener Krieger zu erkennen. Auf welchen bedeutenden Fund die Kreisarchäologie gestoßen war, wurde dann durch die restauratorische Versorgung und detaillierte Untersuchung der Grabbeigaben in den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in München deutlich.
Die Funde zeichnen das Bild eines reichen bajuwarischen Edelmannes, der seinen Stand durch glänzende Accessoires zum Ausdruck brachte: Seinen Kopf schmückte ein mit Goldfäden durchwirktes Stirnband, eine so genannte Vitta. In seine aus Eisen hergestellten Sporen, die Riemenzunge seines Gürtels und die Gürtelschnalle waren goldglänzende Messingstreifen eingelegt. Die zahlreichen Nieten der ledernen Schwertscheide waren mit Silberfolie überzogen. „Nach Hunderten von Jahren in der Erde kommen Funde selbstverständlich nicht glänzend bei uns in der Restaurierungswerkstatt an. Die filigrane Silberfolie über den Nieten der Schwertscheide konnten wir im Röntgen-Bild identifizieren. Die Einlegearbeiten aus Messing haben wir mithilfe eines Mikrofeinstrahlgerätes freigelegt und wieder zum Scheinen gebracht“, sagt Beate Herbold, Mitarbeiterin in der Restaurierungswerkstatt des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD).
Einzigartiger Fund im Grab
Der golden und silbern schimmernde Reiter von Bayerbach war Angehöriger der bajuwarischen Führungsschicht. Ein Fürst, der von Bayerbach (bajuwarisch: Piparpah) aus über sein Territorium herrschte. Wie groß dieses war, ist heute nur schwer zu beantworten. Der aus den Beigaben ersichtliche Reichtum des Bayerbacher Reiterkriegers kann jedoch als Hinweis darauf verstanden werden, dass der Fürst mehr als nur lokale Macht hatte.

Die auffällige Erscheinung des Fürsten ergänzt ein einzigartiger Fund: Bei seinen Füßen lag ein circa 15 Zentimeter hoher und rund sieben Zentimeter im Durchmesser messender schlanker Holzbecher mit rundem Boden. Auf dem Gefäß waren zwei zungenförmige Bronzeblechstreifen aufgenagelt, die auch diesem Stück einen goldfarbenen Glanz verliehen. „Ein derartiger Holzbecher ist im mitteleuropäischen Raum bisher ohne Vergleich“, erklärt der Kreisarchäologe Dr. Thomas Richter.
Wie und wofür der Becher genutzt worden sein dürfte, darauf geben ähnliche Gefäße aus Glas Antwort, die im Merowingerreich weit verbreitet waren: Bei dem Bayerbacher Becher handelt es sich um einen Sturzbecher, einen sogenannten Tummler. Aufgrund seines runden Bodens konnte er nicht mit Inhalt auf einen Tisch gestellt werden. War er gefüllt, musste der Bayerbacher Reiter den vermutlich alkoholischen Inhalt in einem Zug trinken. Tummler werden gemeinhin als Hinweis auf männerbündische Rituale interpretiert. Als deren Teilnehmer gibt sich der Fürst durch seinen Becher zu erkennen.
Bajuwarischer Best Ager
Die anthropologischen Untersuchungen zeigen, dass der Bayerbacher Fürst auf ein bewegtes Leben zurückblicken konnte. Seine rechten Rippen hatte er sich alle im Rahmen eines Reitunfalls gebrochen. Zwar verheilte die Verletzung, er litt aber vermutlich sein Leben lang unter ständigen Schmerzen. Starke Schmerzen dürften auch seine massiv von Karies befallenen Zähne verursacht haben.
Eine Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass der 1,75 m große Krieger zwischen 662–687 n. Chr. verstorben war. Die Todesursache konnte nicht geklärt werden. Spuren eines Kampfes zeigten sich an den Knochen nicht. Da der Fürst ein für das frühe Mittelalter vergleichsweise hohes Alter aufweist, kann ein natürlicher Tod angenommen werden.







