Vogelphilipp und (s)eine einzigartige Vogelwelt

Philipp Herrmanns Lieblingsmusik setzt jeden Morgen vor seinem Fenster mit den ersten Sonnenstrahlen ein. Die Musik begleitet ihn auf den Weg zur Arbeit – und lässt ihn selbst dann nicht los. Zu wissen, wer da ab Tagesanbruch zwitschert und pfeift, das ist nicht nur die Leidenschaft des 41-jährigen seit Kindesbeinen. Es ist auch sein Job als Teamleiter für Forschung, Monitoring, Artenkenntnis und Citizen Science beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Spatzen, Finken, Amseln, Spechte – Philipp Herrmann erkennt die Vogelwelt an ihrem Klang. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der 41-Jährige durch seine „Vogelstimmenhotline“. Die geht ab 1. April 2024 wieder online unter der Nummer 0151 290 686 00.

Der Landkreis Landshut ist ein Paradies für Piepmätze

Aufgewachsen ist der 41-Jährige zwischen Geisenhausen und Gerzen. Schon als zehnjähriger Bub streifte er dort durch die Wälder und erkundete die Natur. „Ich wollte verstehen, wie die Tiere kommunizieren. Irgendwann habe ich angefangen, mich für die Vogelwelt zu interessieren. Als ich dann ein Fernglas, ein Vogelbuch und eine Vogelstimmen-CD geschenkt bekommen habe ging’s richtig los“, erzählt er. Die CD habe er dann rauf und runtergehört, „sogar zum Einschlafen.“

Im Alter von 15 Jahren machte er in einem Wald bei Aham dann seine allererste Vogelkartierung für die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises. „Ich habe im Haagholz, das ist ein Naturdenkmal und heute Eigentum des LBV Landshut, die Vogelwelt des Landkreises systematisch erfasst.“ Die Leidenschaft für die bunten Piepmätze ließ ihn seitdem nicht mehr los. Seit über 25 Jahren erkundet der studierte Diplom-Ingenieur für Naturschutz und Landschaftsplanung mittlerweile die heimische Vogelwelt. Er arbeitete für Naturschutzbehörden in Stadt, Landkreis und für die Regierung und ist jetzt beim LBV beschäftigt. 2019 machte er seine Masterarbeit. Thema: „Die Vogelstimmenhotline – Moderne Kommunikation im Naturschutz mit
dem Messenger Dienst WhatsApp“.

Der Renner: die Vogelstimmenhotline

Ein Projekt, das ihm nicht nur eine ausgezeichnete Note für die Masterarbeit einbrachte, sondern auch jede Menge Aufmerksamkeit. Nachdem auch überregionale Medien darüber berichtet hatten, quoll sein WhatsApp-Kanal über mit Vogelstimmen aus ganz Deutschland. „Mit modernen Handys funktioniert das ganz gut“, sagt er. Die Qualität der Aufnahmen war ausgezeichnet. So konnte der Vogelphilipp gewissenhaft jede Anfrage beantworten, Hunderte an manchen Tagen.

Das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz hatte nicht nur den Effekt, das Interesse der Menschen für die heimische Vogelwelt zu erkunden. Auch für den Vogelkundler war interessant zu hören, was in der heimischen Natur so alles zwitschert und pfeift. Und das ist durchaus erstaunlich. Wegen des großen Erfolges geht die Vogelstimmenhotline ab 1. April wieder online unter der neuen Nummer 0151 290 686 00. Und so funktioniert es: Die Vogelstimme mit der WhatApp-Aufnahmefunktion aufzeichnen und direkt an den Vogelpphilipp senden.

Darum ist der Landkreis ein Vogelparadies

Vor allem im Landkreis Landshut gibt es eine riesige Vielfalt an Vogelarten. „Wir haben hier ein echtes Vogelparadies“ sagt er. Das Grießenbacher Moos ist ein Teil davon: Das Moor, das von Grundwasser gespeist wird, ist ein europaweit bedeutendes Vogelschutz- und FFH-Gebiet (=Fauna-Flora-Habitatrichtlinie) und liegt zwischen Landshut und Wörth an der Isar. Ein weiterer Garten Eden für Vögel aus der ganzen Welt liegt isaraufwärts: die “Vogelfreistätte Mittlere Isarstauseen”. Es ist eines der wichtigsten Wasservogel-Schutzgebiete Bayerns. Dort brüten nicht nur bedrohte Arten, sondern auch viele Wat- und Wasservögel überwintern dort oder finden auf ihrem Zug in den Süden einen Platz zum Rasten.

Die Ringe an den Beinen der Lachmöwen zeigen: Bei den Vögeln handelt es sich um Gäste aus Litauen. Fotos: A. Teltow/privat

„Diese Vogelparadiese gibt es aber nur, weil sich jemand dafür einsetzt“, sagt Philipp Herrmann. Der LBV kümmert sich mit den Behörden zum Beispiel seit rund 50 Jahren intensiv um den Stausee bei Eching. Dazu gehört, dass der Kraftwerksbetreiber während der Zugzeiten der Vögel den Wasserstand senkt. „Wichtig ist das, weil die Tiere große Schlammflächen brauchen, damit sie genug Nahrung finden“, so Herrmann. Eine weitere effektive Maßnahme: Dämme werden hier an wichtigen Stellen nur mit der Hand gemäht. „An diesen Flächen sieht man ganz deutlich, was es bringt, wenn extensiv, also mit möglichst wenig Eingriff in die Natur, bewirtschaftet wird.“

Das zeigt: Dreht der Mensch an den richtigen Stellschrauben – zum Beispiel durch ein Verbot der Jagd auf Wasservögel – blüht die Natur auf. Und weil es im Landkreis Landshut viele Akteure für den Naturschutz gebe – wie Naturschutzverbände, Naturschutzbehörden, Landschaftspflegeverband oder Biodiversitätsberater – ist er zu einem besonderen Ort für Vögel geworden.

König der Lüfte hält Audienz am Stausee

Das Besondere ist die Vielfalt und die Menge der Wasservögel, die es bei uns durch den Echinger Stausee und die großen Auenbereiche entlang der Isar gibt. Sogar der König der Lüfte, der Adler, fühlt sich im Landkreis Landshut wohl. „Fischadler ziehen auf ihrem Weg nach Afrika hier vorbei“, so Herrmann. Den Stausee nutzen die Könige der Lüfte dann, um Audienz zu halten – und Kräfte für den Weiterflug zu sammeln. Seeadler brüten zudem in der nahen Oberpfalz und breiten sich von dort aus immer weiter aus.

Aus der absoluten Wildnis in der Landkreis Landshut

Eine Besonderheit sind auch die Landshuter Lachmöwen. Die halten sich nicht nur am Stausee auf. Sie sitzen im Winter auch gern auf den Brückengeländern in der Innenstadt von Landshut, weil sie hier leicht an Futter kommen. Das Spannende daran: „In der Stadt kommt man richtig nahe an sie ran“, sagt Herrmann. Wer genauer hinsieht bemerkt dann oft kleine Ringe an den Beinen der Tiere. „Wir haben dann viele der Ringe abgelesen und festgestellt, dass viele von ihnen unter anderem aus Litauen kommen. Die Tiere sind 1.500 Kilometer geflogen, um hier zu überwintern. „Es ist beeindruckend, dass wir hier in unseren Städten so nah an Vögel rankommen, die im Baltikum in der absoluten Wildnis brüten“, so Herrmann. Wer eine Möwe mit Ring entdeckt kann diese auf der Seite www.mitmachmoewen.de melden.

Und was kann der Einzelne tun, um diese einzigartige Vogelwelt hier im Landkreis Landshut auch in Zukunft zu erhalten? Philipp Hermann fasst das in einer einfachen Regel zusammen: „Rücksicht nehmen und die Tiere vor allem während der Brutzeit so wenig wie möglich stören. Ein Teil unserer Landschaft sollten wir zudem einfach der Natur überlassen.“

Im Landkreis Landshut gelingt das gut – vor allem auch dank Menschen wie Philipp Hermann, dem Vogelphilipp.

Bleibt nur noch eine Frage offen: Wer hat Philipp Herrmann seinen Spitznamen gegeben? Die Antwort: „Ich war als Teenager in einer Skater-Clique. Da gab es mehrere, die Philipp hießen. Ich war dann schnell der Vogelphilipp.“

Seit über 25 Jahren erforscht Philipp Herrmann die Vogelwelt. Foto: A. Testov
Ein Rotkehlchen. Foto: privat
Vogelkundebuch und Fernglas – das Handwerkszeug von Philipp Herrmann. Foto: A. Testov
Die Vogelstimmen-Hotline via WhatsApp hat dem „Vogelphilipp“ überregionale Bekanntheit eingebracht. Foto: Mayer
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