Virtueller Einsatz – mit Blaulicht und Sirene

Im Ernstfall zählt für die Retter der Feuerwehr jede Sekunde. Mit Blaulicht, Sirene und in hohem Tempo geht es dann zum Einsatzort. Für die Fahrer der Einsatzfahrzeuge eine enorme Belastung: Nicht nur die Retter müssen schnell und sicher vor Ort sein – es dürfen auch keine weiteren brenzligen Situationen entstehen. Gar nicht so einfach im dichten Straßenverkehr. Klar: Erfahrung und Übung schaffen Sicherheit. Doch wie können Einsatzfahrten unter realistischen Bedingungen trainiert werden? Die Antwort lautet: EFASI – und lässt das Herz eines jeden E-Sport-Fans höherschlagen. EFASI ist ein hochleistungsfähiger Einsatzfahrten-Simulator, von denen es drei in Bayern gibt. Einer der Simulatoren war jetzt im Landkreis Landshut bei der Feuerwehr in Neufahrn stationiert.

Wie Feuerwehrleute im Landkreis Rettungsfahrten üben

Aus dem Spiel wird plötzlich ernst. Der Spaß an einem Videospiel der Extraklasse weicht purem Stress. Blinkendes Blaulicht lässt den Asphalt, Häuser und parkende Autos aufleuchten. Das tonnenschwere und 250 PS starke Einsatzfahrzeug beschleunigt auf Tempo 80 und schießt über die Straße. Aus dem Funkgerät schnarren Anweisungen der Einsatzzentrale für das Rettungsteam und eine Beschreibung des Unglücks, zu dem die Retter unterwegs sind. Die Feuerwehrsirene ist dabei eine weitere Konstante und Taktgeber in der chaotischen Geräuschkulisse. Und plötzlich passiert das, was der Alptraum für jeden Retter ist, der zum Einsatzort will: Der Verkehr auf einer Kreuzung staut sich auf zwei Spuren und blockiert die Weiterfahrt. Rauf auf die Bremse – und was jetzt?

Am Steuer sitzt ein Mann von der Feuerwehr Pfeffenhausen. Er kennt die Situation aus der Wirklichkeit. Und er bleibt fokussiert. Beherzter Tritt ins Bremspedal, von Tempo 70 runter auf Schritttempo. Behutsam bugsiert er im Cockpit seines Trucks das riesige Fahrzeug geschickt durch die Autos, die langsam eine schmale Spur frei machen. Blick links, Blick rechts, vorbei an einem Stopp-Schild – und dann wieder rauf aufs Gas und ab zum Einsatz.

Aus Spiel wird schnell eine Herausfoderung

„Am Anfang sieht jeder die Fahrt im Fahrsimulator als eine Art Spiel an. Das ändert sich aber schnell“, sagt Kreisbrandinspektor Johann Haller, der das Fahrertraining kennt und an diesem Tag begleitet. Und tatsächlich: Nach einer ersten entspannten Proberunde sind die Fahrer, die heute von der Feuerwehr Pfeffenhausen kommen, schnell im „Wahrnehmungstunnel“.  Dass die Fahrt zum Einsatz nur virtuell stattfindet, haben ihre Stress-Rezeptoren längst vergessen. Sie sind jetzt in Alarmbereitschaft. Kein Wunder, denn der Simulator wurde von Experten so konstruiert, dass schnell ein realistisches Einsatzfeeling entsteht. Dafür hat der Fahrsimulator einen hochleistungsfähigen Rechner, eine ausgefeilte Software und drei Bildschirme, auf denen die Fahrt aus der Fahrerperspektive verblüffend realistisch dargestellt wird. Aber auch die „Hardware“ trägt zum realistischen Trainingsszenario bei. EFASI fühlt sich schnell an wie ein richtiges Feuerwehrauto – mit originalgetreuem Fahrersitz und realistisch gestalteter Fahrzeugkabine einschließlich Instrumententafel im Cockpit.

Vier der mobilen Einsatzfahrten-Simulatoren gibt es in Bayern. Alle Fotos: Dorn

Das Einsatzfahrzeug hat mittlerweile die Stadt verlassen. Am Steuer sitzt jetzt ein Kamerad des ersten Fahrers. Plötzlich setzt Regen ein. Und wie es der Teufel so will: Eine Wildschweinrotte trottet plötzlich gemächlich über die Straße. Und dann kommt auch noch ein überbreiter Mähdrescher entgegen. Ausgerechnet. Maximilian Ebersteiner von der Hohenthanner Feuerwehr hat sich einiges einfallen lassen, damit die Simulation den Fahrern einiges abverlangt. Er ist in seinem Verantwortungsbereich einer von vier geschulten Fachleuten, die diese Weiterbildungsmaßnahmen am Simulator durchführen.

„Ich habe das als absolut realitätsnah empfunden. Das hat wirklich Stress bei mir verursacht“, sagt später einer der Feuerwehrleute, die am Fahrertraining teilgenommen haben. Und genau das soll auch so sein. Um etwaige Fehler in solchen Stresssituationen auszumerzen, werden alle Fahrten aufgezeichnet und anschließend gemeinsam mit dem Ausbilder analysiert. Zum Training im Simulator gehört auch noch ein theoretischer Teil. Dort geht Instrukteur Ebersteiner auch auf die Stressfaktoren der Fahrt ein: „das Meldebild“ über Funk zum Beispiel. Es geht aber auch um das richtige Verhalten am Unfallort und Unfallrisiken.

Knifflige Situationen bewältigen

„Ziel ist es, dass die Teilnehmer nach dem Training mit dem Einsatzfahrten-Simulator in der Lage sind, knifflige Situationen durch eingeübte Fahrstrategien zu bewältigen und die besonderen Stresssituationen bei Einsatzfahrten aushalten lernen“, sagt Haller. Dazu zählt auch die Verantwortung, die die Fahrzeugführer für ihre Kameraden im Fahrzeug tragen – und natürlich für die anderen Verkehrsteilnehmer. Denn sonst passiert das, was eigentlich nicht passieren soll: Im Simulator ist plötzlich das Kreischen von Metallteilen zu hören, die aufeinander schrammen. Die gebildete Rettungsgasse war zu schmal. „Und jetzt, Männer?“, fragt Ebersteiner. Die Antwort ist klar: Absitzen. Unfallstelle sichern. Die eigentliche Einsatzfahrt ist vorbei.

Der Simulator stellt typische Herausforderungen bei Einsatzfahrten realistisch dar.
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