Sonderschau für Fürsten von Essenbach

Das Germanische Nationalmuseum (Nürnberg) präsentiert ab Juli 2024 Prachtfunde aus dem Landkreis Landshut.

Von Elmar Stöttner

Landkreis Landshut. Er war ein Zeitgenosse von Odysseus und Achill, den Stars der Helden-Epen Homers, und von Ägyptens mächtigstem Pharao Ramses II. – jener „Fürst von Essenbach“, dessen Wagengrab im Jahr 2011 geborgen wurde. Der großartige, 3300 Jahre alte Fund wird nächstes Jahr im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg in einer Sonderschau präsentiert. Das gab die Archäologin Dr. Angelika Hofmann bekannt auf einem Heimatforscher-Treffen, das Kreisheimatpflegerin Monika Weigl leitete. 

Über 40 Heimatpfleger aus allen Teilen des Landkreises Landshut waren zu dem Treffen ins Heimathaus der Marktgemeinde Essenbach gekommen, das – wie seit vielen Jahren – wieder Monika Weigl organisiert hatte, die Kreisheimatpflegerin für Archäologie. Für diese Netzwerk-Arbeit und für ihr jahrzehntelanges Engagement, besonders die lebendige Wissensvermittlung an zigtausende von Schülern, dankten ihr Essenbachs Bürgermeister Dieter Neubauer sowie der stellvertretende Landrat Sebastian Hutzenthaler.

Als Hausherr hieß Neubauer die Referentin des Treffens willkommen, die, wie er mit Freude feststellte, aus der Marktgemeinde stammt, aus Mirskofen: Dr. Angelika Hofmann, Abteilungsleiterin am Germanischen Nationalmuseum. In diesem „größten kulturgeschichtlichen Museum im deutschsprachigen Raum“, wie die Archäologin nonchalant bemerkte, werden die Funde aus dem Grab des „Fürsten“ und des umliegenden Gräberfeldes von hochqualifizierten Fachleuten mit modernsten Methoden restauriert: Sie freue sich, mitteilen zu können, dass die im Jahr 2011 geborgenen Essenbacher Funde in Nürnberg von Juli 2024 bis Januar 2025 in einer Sonderausstellung einem breiten, sicher auch internationalen Publikum präsentiert werden können, betonte Dr. Hofmann.  

Goldring, Schwert und verzierte Keramik

Dort, wo einmal das Baugebiet Blumenäcker entstand, legten Menschen der Urnenfelder-Kultur (1300 bis 800 vor Christus) ein Urnen-Gräberfeld an. Mittendrin: die letzte Ruhestätte eines Mannes, dessen Leichnam einst auf einem mit Bronze-Applikationen reich verzierten, vierrädrigen Zeremonial-Wagen aufgebahrt und damit auf einen großen Scheiterhaufen gefahren wurde.

Ein Fingerring aus Goldblech, ein kunstvoll gearbeitetes Rasiermesser aus Bronze, ein meisterhaftes Bronze-Schwert und weitere wertvolle Grabbeigaben weisen den Mann, der um 1250 vor Christus in Essenbach residierte, zweifelsfrei als einen der Mächtigen seiner Zeit aus. Hätte er in Griechenland gelebt, hätte er an den Tafeln von Königen wie Agamemnon und Odysseus gesessen und mit ihnen um Troja gekämpft.

Das Leichenfeuer hat die bronzenen und anderen Metall-Gegenstände in Mitleidenschaft gezogen – aber man werde sich bei der Sonderschau wundern, legte Dr. Angelika Hofmann dar, wie die im Stadium der Ausgrabung arg ramponierten Funde nach der Restauration nun in einem „schönen, anschaulichen Zustand“ zu sehen seien. Darunter seien auch bis zu 50 Zentimeter hohe Keramik-Gefäße mit „wunderbaren Verzierungen“.

Vom Salzkammergut an Isar und Donau

Zusammen mit den großartigen Funden aus Essenbach werde man den Besuchern der Sonderschau die Urnenfelder-Zeit insgesamt vorstellen, das Leben der Menschen, die Gegensätze in der Gesellschaft ebenso wie wirtschaftliche Verflechtungen. Unter dem Titel „Die letzte Fahrt: Das Wagengrab von Essenbach, ein Schatz der Bronze-Zeit“ werde man zeigen, wie der prägende Werkstoff, die Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn, gewaltige Veränderungen auslöste.  

Die Nachfrage nach diesen Metallen erzeugte Handelsströme, die Europa und den Nahen Osten verbanden. Der Verlauf von Handelsrouten lässt sich nach Schilderung von Angelika Hofmann mit einer Gesamtschau von Fundorten festmachen – wie zum Beispiel eine Kupfer-Handelsstraße aus den Salzburger Alpen über Essenbach, das Tal der Kleinen Laaber und Straubing an die Donau und weiter in viele Richtungen.

Vor 3200 Jahren: Schlacht im Isartal

Der „Essenbacher Fürst“ bezog politische Macht und Reichtum sicher aus einer Schlüsselstellung an dieser Route, betonte die Archäologin. Charakteristisch für die Epoche sei auch die Absicherung solcher Routen durch bronzezeitliche Burgen, erklärte sie – wie jene auf dem Höglberg (Stadt Landshut) und auf dem Bogenberg.

Die Urnenfelder-Zeit war eine kriegerische Epoche: Das Ringen um Macht und Marktanteile war oft auch eine Quelle für Gewalt. Im beschaulichen Tal des Flüsschens Tollense in Mecklenburg-Vorpommern erforschen Archäologen seit Jahren ein Areal, auf dem sich in der Zeit um 1250 vor Christus wohl zwischen 2000 und 4000 Krieger eine Schlacht lieferten.

Geschah, just zur Zeit des „Essenbacher Fürsten“, Ähnliches im heutigen Landkreis Landshut? Zahlreiche Pfeil- und Speerspitzen, die im Isartal im Osten des Kreises in den vergangenen Jahren geballt an einigen Stellen entdeckt worden sind, legen das durchaus nahe – darunter ein ganzer Schwang von Pfeilspitzen, die die Eheleute Marianne und Wilhelm Völkl auf einem umgepflügten Acker bei Unholzing aufsammelten. Bei den Heimatpfleger- Treffen übergaben die Eheleute Völkl die Funde offiziell an Bürgermeister Neubauer. Sie sollen nach dem anstehenden Umbau des Heimathauses in dessen archäologischen Abteilung ihren Platz finden.

(Fotos: Helga Baier/Elmar Stöttner)

Monika Weigl, Kreisheimatpflegerin für Archäologie, und Essenbachs Bürgermeister Dieter Neubauer mit Marianne und Wilhelm Völkl, die der Marktgemeinde eine Sammlung von über 3000 Jahre alte Pfeilspitzen aus Bronze übergaben, die sie auf einem Acker bei Unholzing geborgen hatten.

Die Archäologin Dr. Angelika Hofmann, Abteilungsleiterin am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, stammt aus Mirskofen, Markt Essenbach.

Grabungssituation: So kamen Metallteile des Prunkwagens und das 63 Zentimeter lange Bronze-Schwert nach rund 3300 Jahren ans Tageslicht.

Ein Ring aus Goldblech aus dem Grab des „Fürsten von Essenbach“. Gold stand seit jeher symbolisch für Macht, aber auch für Unvergänglichkeit.

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