Virtuelle Löscheinsätze

VR-Brille und Gaming-Computer gehören zukünftig zur fixen Ausrüstung der Atemschutzträger der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Landshut. Taktik, Löschhandhabung und die richtige Routine können mit diesem Equipment in virtuellen Szenarien geübt werden. Der Landkreis Landshut unterstützt diese zukunftsweisende Ausbildungsergänzung mit 2.500 Euro.

Feuerwehr setzt auf Ausbildung mit VR-Brille

Die Atemschutzgeräteträger der Feuerwehren sind diejenigen, die an vorderster Front gegen Brände kämpfen. Sie benötigen eine ärztliche Bestätigung ihrer physischen und psychischen Stärke, um nach intensiven 48 Ausbildungseinheiten für den anspruchsvollen Einsatz geeignet zu sein. Zur Ergänzung und Vertiefung der Ausbildung steht dem Sturmtrupp der Brandbekämpfer ab sofort modernstes Equipment zur Seite: Dies umfasst einen leistungsstarken Gaming-Rechner zur Darstellung detaillierter Grafiken, Joysticks und eine Virtual-Reality (VR)-Brille –  als ergänzende Elemente in der bestehenden Atemschutzausbildung. 

3-D-Welt statt Modellplatte

Statt auf herkömmlichen Planspiel- oder Planübungsplatten, die ähnlich wie Modelleisenbahnen aufgebaut sind, werden verschiedene Szenarien wie Autounfälle, Wald- oder Hausbrände zukünftig auch in 3-D-Welten geübt. Die Leistungsfähigkeit moderner Rechner ermöglicht es, unterschiedliche Einsatzszenarien realistisch darzustellen. Diese virtuellen Umgebungen, die deutschen Normen und Dienstvorschriften entsprechen, wurden in enger Zusammenarbeit zwischen der Herstellerfirma FwESI und Feuerwehrschulen entwickelt und getestet. Das Landratsamt Landshut fördert den Einsatz mit 2 500 Euro. Landrat Peter Dreier konnte die VR-Brille inzwischen selbst testen und beschreibt das Erlebnis: „Sehr realitätsnah, man befindet sich quasi in einer eigenen Welt“. Dabei betont er, wie wichtig es sei, die Feuerwehrler umfassend und vor allem mit moderner Technik für ihre Einsätze und dem wichtigen Dienst an der Gesellschaft auszubilden.

Das Programm erzeugt realistisch wirkende Einsatzszenarien. Foto: FW

Action im Klassenraum

Das Ziel der neuen Lernmethode besteht darin, Fachwissen in Visualisierungen zu vermitteln und dabei durch aktives Handeln effektiver zu lernen. Die Vorteile liegen laut FwESi-Cheftrainer Thorsten Heck-Beutelmann auf der Hand, wie er in einem Youtube-Video über die moderne Lernplattform erklärt: „Man kann direkten Bezug zur Einsatzstelle herstellen, im Klassenraum Aktionen wiederholend trainieren, um sie später in der Praxis schneller abrufen zu können. Handlungsabläufe sind so gezielter einsetzbar und es bleibt mehr Zeit für die Praxis, weil man weniger erklären muss.“ Obwohl die 3-D-Welt einer spielerischen Umgebung ähneln mag, sei das Tool aber definitiv kein Spiel: „Man nützt es, um klassische Einsatzwelten und Techniken abzubilden, innerhalb der Simulation zielgerichtet zu handeln und um zu lernen.“ Fach-Kreisbrandmeister Atemschutz aus dem Landkreis Landshut, Florian Kleber, findet sich in den 15 virtuellen Welten, die bisher programmiert wurden, bereits gut zurecht. Er sieht das Angebot als eine ausgezeichnete Ergänzung zur Wissensauffrischung und zur Überprüfung älterer Kollegen: „Ohne großen Aufwand können wir Ausbilder den Einsatzkräften über die Schulter schauen und sehen, ob sich im Ablauf Fehler eingeschlichen haben oder nach den Vorgaben entsprechend richtig gearbeitet wird.

Bewegen wie im Computerspiel

Im praktischen Einsatz bieten sich zwei verschiedene Varianten an: Ähnlich wie bei einem Videospiel können die Feuerwehrleute entweder mit einem Joystick agieren und dabei das Szenario auf dem Bildschirm aus der Egoperspektive erleben. Eine Steigerung ist mit der VR-Brille möglich. Damit steigt der Floriansjünger direkt in den virtuellen Einsatz ein. Florian Kleber beschreibt, wie realitätsnah die Abläufe geübt werden können: „Per Knopfdruck kann man Teile aus dem Fahrzeug herausnehmen, Türen öffnen und in den virtuellen Räumen in alle Richtungen schauen. Für uns ist das ein ganz wichtiger Baustein: wir beobachten die Ausführung der Bewegungsabläufe, zum Beispiel das in die Knie gehen, das in Räumen mit Rauchentwicklung und Hitze unabdingbar ist.“ In der 3-D-Welt ist es auch für Gruppen möglich, in einem virtuellen, brennenden Mehrfamilienhaus Trainingsinhalte wie Suchen und Retten zu üben. Die Simulation bietet dabei ein echt starkes Erlebnis, so Heck-Beutelmann. Die Ausbilder können zudem über ein Tablet Regie führen, um beispielsweise den Brand eskalieren zu lassen oder einen Drohnenflug über die virtuelle Einsatzstelle zu starten.

Ausrüstung und Taktikkontrolle

Ein weiterer Vorteil dieser virtuellen Übungen: Der Ausbilder kann überprüfen, ob für die jeweils dargestellte Situation auch die richtige Ausrüstung verwendet wird, erläutert Kleber: „Für uns Atemschutzträger ist zum Beispiel das Manometer wichtig, um den Luftanteil in unserer Sauerstoffflasche im Blick zu haben. Wir können in der simulierten Welt realistisch, aber gefahrlos nachvollziehen, ob jemand einen wichtigen Handlungsschritt vergessen hat oder vielleicht unvorsichtig geworden ist.“ Der wichtigste Punkt einer virtuellen Übung sei die Kontrolle der angewandten Taktik beim Absuchen der Räume. „Wir können beobachten, ob sich Einsatzkräfte vor dem Öffnen einer Tür richtig und vorsichtig bewegen oder ob jemand unüberlegt vorgeht. Wir können auch feststellen, ob die Kollegen Hilfsmittel wie Wärmebildkameras effektiv einsetzen und wie sie sich durch die Räume zum Brandherd arbeiten.“

Mit VR-Brille löschen lernen

Trotz zahlreicher Vorteile der modernen Hilfsmittel betont Kleber nachdrücklich, dass die moderne Lernplattform die praktische Ausbildung nicht ersetzen kann und darf. Für die Zukunft sieht er trotzdem weitere Pluspunkte: „Wenn wir für das Thema taktisches Suchen keine Räumlichkeiten oder Gebäude zur Verfügung haben, können die Basic-Übungen jetzt auch wetterunabhängig stattfinden “ Im kommenden Jahr wird es nach der endgültigen Freigabe durch die staatliche Feuerwehrschule Würzburg ein zusätzliches, zukunftsweisendes Modul geben, mit der das Löschen im Brandraum virtuell geübt werden kann. Kleber hofft, dass mit solch modernen Ausbildungsmöglichkeiten mehr Jugendliche Begeisterung finden, sich in der Feuerwehr zu engagieren.

Blick durch die VR-Brille. So erleben die Einsatzkräfte das Einsatztraining. Foto: FFW
Die Atemschutzträger bewegen sich mit der VR-Brille wie in einem Computerspiel durch das Einsatzszenario. Hier ein verqualmtes Treppenhaus. Foto: FW
Die Software stellt realistische Einsatzbedingungen nach. Hier ein Zimmerbrand mit Flammen an der Decke. Foto: FW
Landrat Peter Dreier testet das Training mit der VR-Brille. Foto Landratsamt
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