Der Schatz im Heimatmuseum

Obwohl das Heimatmuseum Vilsbiburg für Passanten trotz roter Fassade und dem prägnanten Turm eher unscheinbar wirken mag, zeichnet es sich durch seine einzigartigen „inneren Werte“ aus: zum einen durch die beeindruckende, über die Landkreisgrenzen hinweg bedeutsame Ausstellung der Kröninger Hafnerware. Vor allem aber wohl durch die aktiven Ehrenamtlichen aus dem Heimatverein, die den Betrieb des Museums überhaupt erst ermöglichen. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart die Motivation für das unermüdliche Engagement.

Ein außergewöhnliches Beispiel für ehrenamtliches Engagement im Landkreis Landshut

Jeden Dienstagabend gibt es den Fix-Termin für den Museumsabend – das „Halteseil“ für die Ehrenamtlichen, wie es der ehemalige Museumsleiter Lambert Grasmann treffend formuliert. Der im Museum aktive Kern des Heimatvereins, eine beeindruckend große Gruppe von 25 Personen, trifft sich dabei jede Woche. Ganz Eifrige sind sogar zusätzlich am Dienstagvormittag im Museum, um allfällige Arbeiten zu erledigen und Kommendes zu besprechen.

„Die Konstellation, dass ein Museum in dieser Größe mit so vielen Freiwilligen aufgebaut wurde und erhalten wird, gibt es sonst nirgends, das wurde und wird uns immer wieder von vielen Seiten bestätigt. Wir haben uns inzwischen einen gewissen Ruf erarbeitet“, sagt Lambert Grasmann und blickt stolz auf sein Lebenswerk zurück.

50 Jahre lang war Grasmann Museumsleiter, stets selbstlos und immer mit intensivem Einsatz. Mit unermüdlicher Begeisterung und Hingabe schaffte er es, als treibende Kraft seine Motivation auf andere zu übertragen.

Leidenschaft verbindet

Der derzeitige Museumsleiter, Dr. Matthias Witzleb, der als einziger Beteiligter im Museum bei der Stadt Vilsbiburg fest angestellt ist, ist überzeugt: „Grasmann hat stabile Strukturen geschaffen, die ein reibungsloses Funktionieren ermöglichen. Er weiß alles, ist quasi das lebende Archiv des Museums. Und er hat die Fähigkeit, die Menschen mitzureißen.“

Die Vilsbiburger Ehrenamtlichen engagieren sich eigeninitiativ bei den Museumsdiensten und machen so die Öffnungszeiten überhaupt erst möglich. Und sie helfen zusammen bei den vielfältigen Aufgaben, die in den weitläufigen Museumsräumen anfallen. Dazu gehören das zeitraubende Entstauben der Ausstellungsstücke und der Vitrinen, handwerkliche Aufgaben oder das Digitalisieren von abertausenden Objekten. Inzwischen wurden über 60.000 Fotos eingescannt und archiviert.

Heimatmuseum Vilsbiburg mit Spitalkirche und Stadtturm. Foto: Heimatverein Vilsbiburg

Der Grundstein für die Vielzahl der Ausstellungsobjekte und das Renommee des Museums wurde schon vor Jahrzehnten gelegt. Grasmann, der schon mit 14 Jahren begeistert Museen besuchte und viel fotografierte, stieß 1968 mit der kommissarischen Übernahme des Museumleiteramts auf das Thema Kröninger Keramik. Gemeinsam mit einer kleinen Mannschaft Freiwilliger aus seinem Freundeskreis sowie Postlern und Eisenbahnern begann er, Grabungen in den Abfallgruben der alten Hafneranwesen am Kröninger Höhenzug durchzuführen. „Damals wurden vor dem Abriss die Scherben vieler faszinierender Gefäße gefunden und konnten wieder rekonstruiert werden“, berichtet Dr. Matthias Witzleb. Viele dieser Funde sind heute Ausstellungsstücke im Schwerpunktmuseum Kröninger Hafnerware in Vilsbiburg. „Eines der Hafneranwesen, die sogenannte Görgenmannsölde, wurde im Freilichtmuseum Massing wieder aufgebaut und kürzlich eröffnet. Auch das ist das Ergebnis der Vorarbeiten des Heimatvereins“, ist der Museumsleiter überzeugt.

Begeisterung treibt Ehrenamtliche an

„Die zahlreichen Führungen und Veranstaltungen der Ehrenamtlichen haben über die Jahre hinweg maßgeblich zum hervorragenden Ansehen des Heimatvereins und des Museums in der Bevölkerung und in der Verwaltung beigetragen“, betont Witzleb. Besonders hervorzuheben seien die 48 Sonderausstellungen, die Ehrenamtliche unter der Leitung von Lambert Grasman durchführten. „Fast zu jeder Sonderausstellung haben wir nach viel Recherchearbeit Museumsschriften herausgegeben, darin Aufsätze über die Vilsbiburger Geschichte und die ausgestellten Gegenstände. Da wächst man über die Jahre in Geschichte hinein, wird Überzeugungstäter“, berichtet Grasman.

Mehrere Bücher über die Geschichte Vilsbiburgs und der Kröninger Hafnerware hat der ehemalige Kreisheimatpfleger mittlerweile herausgegeben. Für sein Engagement wurde er zuletzt mit dem Bayerischen Verfassungsorden ausgezeichnet. Die gemeinsame Begeisterung für Heimatgeschichte – das ist seiner Meinung nach die Triebfeder für das besondere ehrenamtliche Engagement in Vilsbiburg.

Jugendförderung mit Auszeichnung

Diese Begeisterung gilt es nun für die nächste Generation zu wecken, und es scheint, dass der Funke auch schon überspringt, wie DrMatthias Witzleb anhand eines aktuellen Beispiels erzählt: „Die siebte Klasse der Mittelschule Vilsbiburg wollte beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teilnehmen und hat uns um Unterstützung gebeten. Zusammen mit zwei Tutoren aus dem Heimatverein konnten im Staatsarchiv alte Schriften mit interessanten Geschichten über die Turmwächterfamilie Vilsbiburgs gefunden werden. Als Historiker konnte ich bei der Transkription helfen. Inzwischen hat das Schulprojekt Wohnen hat Geschichte – Die Wohnung im Stadtturm Vilsbiburg im geschichtlichen Wandel einen Landessieg beim Wettbewerb errungen.“ Neben solchen Projekthilfen werden mit dem sogenannten Museumskoffer, der originale Dokumente aus dem Ersten Weltkrieg beinhaltet, Geschichtsstunden in Schulen gestaltet. Das alles dient dazu, die Jugend zu animieren. 

Sonderausstellung über Festspiele

Im Moment steht aber noch ein weiterer, wichtiger Punkt auf dem Zeitplan der freiwilligen Helfer: Die Organisation der neuen Sonderausstellung „Vilsbiburger Liebfrauenfestspiele“ im Herbst. „Bei den Recherchen dazu hat sich gezeigt, dass Vilsbiburg in den 1920er-Jahren ein bedeutender Festspielort war, vergleichbar mit Oberammergau. Damals haben 90 Vilsbiburger mitgespielt, und es gab Sonderzüge sogar aus Österreich und Franken“, so Dr. Matthias Witzleb. Wieder ein Stück Landkreis-Geschichte, das für einige Monate mit originalen Kostümen und „Fanpost“ von damals lebendig gemacht wird – durch das herausragende Engagement der Ehrenamtler im Heimatverein, dem größten Schatz des Vilsbiburger Museums.

Zeitraubende Angelegenheit: das Entstauben der Vitrinen und der darin ausgestellten Objekte. Foto: Lambert Grasmann.
Nur durch das Engagement der Ehrenamtlichen konnten die Grabungen beim Hafneranwesen Kleinbettenrain stattfinden. Foto: Lambert Grasmann.
Die sortierten Grabungsfunde aus Kleinbettenrain. Foto: Lambert Grasmann.
Beim jährlichen Sommerfest für die Ehrenamtler des Vilsbiburger Heimatmuseums feiern (v.l.) Museumsleiter Dr. Matthias Witzleb, Bert Grasmann, langjähriger Museumsleiter und der Vorsitzende des Heimatvereins, Stephan Priller. Foto: Johann Hillinger.
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