Rettung für das TV-Kloster

Der Landkreis Landshut ist reich an historischen Gebäuden, die Zeugen vergangener Epochen sind. Das Schloss Niederaichbach – malerisch an einem Berghang im Landkreis Landshut gelegen – ist eines davon. Deutschlandweit bekannt geworden ist es als TV-Kulisse für das „Kloster Kaltenthal“ durch die ARD-Serie „Um Himmels Willen“. Während in einer Episode der Klosterturm wegen eines Unwetters saniert werden musste, droht in der Realität gerade der Einsturz des ehemaligen Stalls. Noch heuer könnten die betagten Mauern gerettet werden und dabei moderner Wohnraum entstehen. Was genau der Denkmalschutz mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landratsamtes plant, um das architektonische niederbayerische Kleinod zu erhalten, erklärt Dr. Peter Schabe von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bei einem Blick hinter die Kulissen.

Neues Leben für das Schloss Niederaichbach

Dort, wo einst prachtvolle Pferde auf Schloss Niederaichbach untergebracht waren, nagt derzeit noch der Zahn der Zeit: Das Stallgebäude, das mit dem eindrucksvollen Torhaus verbunden ist, stand über Jahrzehnte leer. „Die alten Mauern verformen sich, die Gewölbe drücken auf die Außenwand und der Dachstuhl ist statisch so labil, dass man hier nicht mehr lange warten sollte, um größere Schäden zu verhindern“, so das Fazit von Dr. Peter Schabe. 

Der Kunsthistoriker ist Denkmalschützer durch und durch und seit Jahren in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz engagiert. Als Referent für die Beratung und Vergabe der Denkmalförderung kennt er die Geschichte des Schlosses Niederaichbach genau. Denn die Schlossbesitzer, die Fürsten von Urach, haben seit 2017 mehrfach zwei Förderungen bei der Stiftung beantragt. Die erste galt für den Erhalt des Torhaus-Turms, die zweite für den Umbau des Stalls und ist für das laufende Jahr geplant.

Turm des markanten Torhauses stabilisiert

Schon vor einigen Jahren musste – wie in der Kult-TV-Serie – der Turm des Torhauses dringend gesichert werden. Allerdings nicht wegen eines Unwetters wie in der TV-Serie. „Die Mauerkrone, der Dachstuhl, das war alles sehr marode. Gerne hätte man damals schon das angrenzende Stallgebäude mit in Stand gesetzt, doch finanziell ist so eine Baumaßnahme auf einen Schlag schwer stemmbar“, erläutert Dr. Schabe. Die Kosten-Schätzungen für Bauabschnitt eins (Fertigstellung / Instandsetzung Torhaus und Sanierung der ersten Hälfte der Stallökonomie) belaufen sich auf knapp eine Million Euro. „Unsere Förderung von insgesamt 100.000 Euro ist da nur das Sahnehäubchen“, so der Denkmalschützer.

Architektonisch einzigartig


Ein Sahnehäubchen, das in der Stiftung gut überlegt und durch ein Gremium beschlossen wird. Die Konkurrenz der Förderanträge ist besonders in Bayern groß. Und doch stimmte das Gremium aufgrund der besonderen Bedeutung des Schlosses und seiner Kapelle nun schon zweimal für Niederaichbach. Das historische Ensemble des Schlosses und seine harmonische Integration in die umgebende Natur machen es zu einem wertvollen Kulturgut.

Die reizvolle Schlossanlage besitzt ein markantes Erscheinungsbild. Foto: Dr. Peter Schabe

Das Schloss ist nicht nur architektonisch einzigartig, sondern auch ein prägendes Element des Ortsbildes. Dr. Schabe kommt ins Schwärmen: „Das geschichtsträchtige Schloss besteht aus mehreren Bauteilen, die ein Denkmalensemble bilden. Es wirkt anmutig, ist eine sehr malerische Anlage, die sehr harmonisch in die Landschaft eingebettet ist. Dazu kommt noch die kunstgeschichtliche Wertigkeit der Schlosskapelle. Die Substanz der Schlossanlage allerdings ist hochbetagt.“ 

Wohnen im ehemaligen Stall 


Deshalb gibt es eine große Dringlichkeit, die Bauten rechtzeitig zu erhalten. Zudem spielte bei der Diskussion in der Stiftung die grundsätzliche Frage eine Rolle, wie man überhaupt mit wirtschaftlichen Gebäuden in einem historischen Kontext umgehen soll. Die Stallökonomie im Schloss in Niederaichbach hat über die Jahrhunderte ihre historische angestammte Nutzung verloren. Für andere Nutzungszwecke, wie hier am Schloss der Einbau von zwei großzügigen Wohnungen in der ersten zu bearbeitenden Stallhälfte, sind aber Eingriffe in das Erscheinungsbild nötig. 

Ringen um die historischen Substanz 


Eine Umnutzung ist für den Bauherren und den Denkmalschutz ein großes Thema, denn es ist es wichtig, eine Balance zwischen historischer Substanz und zeitgemäßer (wirtschaftlich tragfähiger) Nutzung zu finden. „Da spielt die Dämmung nach modernen energetischen Standards mit hinein und die zukünftige Lichtführung im Gebäude“, verdeutlicht der Experte. „Es gibt ein Ringen um das Planen zusätzlicher Fenster oder auch Dachgauben. Der Denkmalschützer möchte natürlich ein Dach möglichst unberührt lassen, und das Erscheinungsbild und die historische Substanz maximal möglich bewahrt wissen. Ein wahrer Spagat, den man da eingehen muss. Allerdings ist der Kompromiss oft der einzig mögliche Weg, denn ansonsten müssten wir kapitulieren und das Stallgebäude wie hier am Schloss Niederaichbach könnte nicht gehalten werden.“ Die Kompromisslösung sieht nun so aus, dass es auf „der sensiblen Schokoladenseite des Schlosshofes“ nur unauffällige, proportionale Dachöffnungen zwischen den historischen Sparren geben wird. Größere Öffnungen in der Fassade, wie Terrassentüren, wurden rückseitig auf der weniger prominenten Seite des Gebäudes, zum zweiten Wirtschaftshof hin geplant.

Größte Herausforderung: die Finanzierung


Die Finanzierung des Projekts stellt eine weitere Herausforderung dar. Neben der Fürstenfamilie, die erhebliche Eigenmittel aufbringen muss, wurden verschiedene Fördertöpfe angezapft und auch eine Zuwendung beim Freistaat beantragt. Im Moment hängt es noch an der Regierung, wobei es inzwischen positive Signale vom Freistaat geben soll. Schabe hofft, dass noch heuer der Bewilligungsbescheid ausgestellt wird: „Das Bauprojekt ist nur mit einer sogenannten Mosaik-Förderung, also einer Mischfinanzierung, durchführbar. Erst wenn der Bescheid vom Freistaat da ist, hat die Eigentümerfamilie von Urach Planungssicherheit und kann die Arbeiten ausschreiben und hoffentlich im Herbst beginnen.“

Wie Zahnräder in einem Getriebe


Schon die Planungen für die unter den Augen des Denkmalschutzes ausgeführte Baumaßnahme waren umfangreich. Alle Beteiligten müssen beim Projekt wie Zahnräder in einem Getriebe zusammenarbeiten, wie der Referent der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erklärt: „Im Schulterschluss müssen Bauherr, Architekt, Restauratoren, ausführende Firmen und nicht zuletzt die offiziellen Stellen wie Untere Denkmalschutzbehörde und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege zusammenarbeiten. Aber das Gute dabei ist, dass man sich in der Regel kennt und schätzt.“

Der an das Torhaus nach Westen hin angefügte, lange Stall ist sehr betagt. Foto: Dr. Peter Schabe
Die Schäden sind deutlich sichtbar: Die alten Mauren verformen sich, die Gewölbe drücken auf die Außenwand. Foto: Dr. Peter Schabe
Auch der Dachstuhl ist statisch labil. Foto: Dr. Peter Schabe

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