Fensterln in der Osternacht

Eier bunt bemalen, verstecken und werfen. Osternester basteln und Brunnen schmücken. Osterbräuche wie diese kennt jeder. Doch es gibt auch Traditionen, die schon fast in Vergessenheit geraten und typisch sind für den Landkreis Landshut. Das zeigt ein historisches Dokument, das Heimatforscher Vitus Lechner aus Bruckberg entdeckt hat. Darin beschreibt ein Lehrer heutzutage kuriose anmutende Bräuche: das Ostereier-Fensterln zum Beispiel oder die Fußwäsche für Gockel am Karfreitag.

Von klassisch bis kurios – Osterbräuche im Landkreis Landshut

„In der Nacht zum Ostermontag kamen junge Burschen als Eiersammler ans Kammerfenster der Mädchen. Meist bekamen sie zwei gefärbte Eier. Wer aber fünf bekam, der wusste, in welch hoher Gunst er bei der Schenkerin stand. War der nächtliche Besucher aber unerwünscht oder kam einer, mit dem ein Hühnchen zu rupfen war, so bekam er, ohne es zu merken, ein gefärbtes stinkendes Ei.“ 

So steht es in dem maschinengeschriebenen Dokument, das Heimatforscher Vitus Lechner aus Bruckberg zufällig unter einem Stapel historischer Papiere entdeckt hat. Es handelt sich dabei um eine Aufzeichnung eines Bruckberger Lehrers. Entstanden ist das Dokument in den 1950er Jahren. Bei dem Autor handelt es sich vermutlich um den Lehrer Bollenmiller, der seine Schüler zu den Osterbräuchen befragt hat.

Das mit einer Schreibmaschine geschriebene Dokument zeigt anschaulich, wie Ostern früher in der Region gefeiert wurde – und wie nicht. „An Ostern sieht man auch bei uns mittlerweile vielerorts bunt geschmückte Osterbrunnen. Die hat es früher bei uns nicht gegeben. Das ist ein Brauch, der aus Franken kommt und von den Frauenbünden nach Niederbayern gebracht wurden. Ich nenne so was immer McDonald’s-Kultur.“ Was der Heimatforscher damit meint, ist klar: Bräuche breiten sich aus und verdrängen andere Traditionen, die in Vergessenheit geraten. Es sei denn, es finden sich historische Aufzeichnungen – wie die des Lehrers Bollenmiller aus Bruckberg.

Ratschen“ am Karfreitag und ein Ei auf nüchternen Magen

Nachlesen kann man in dem Dokument, dass das „Osterei“ auch schon vor Jahrzehnten und Jahrhunderten als Symbol des Lebens auch im Landkreis Landshut eine zentrale Rolle gespielt hat. So war es Brauch, am Ostersonntag gesegnete Eier auf nüchternen Magen zu verzehren – und eines im Haushalt oder einer Scheune zu behalten, als Schutz vor Hexen. Weiter heißt es in den historischen Aufzeichnungen dazu: „Eines kam mit geweihtem Salz, Weihrauch und geweihten Palmkätzchen in ein Säcklein, das mit Weihwasser besprengt und bis zur Ernte aufbewahrt wurde.“ Die Menschen damals erhofften sich so Gottes Segen für eine gute Ernte.

Ein beliebter Brauch war auch das Karfreitagsratschen. „Nach der Gründonnerstagsmesse schwiegen die Kirchenglocken bis in die Osternacht“, weiß Vitus Lechner. Stattdessen riefen die Ministranten mit den Karfreitagsratschen die Menschen zum Gottesdienst in die Kirche. Dabei handelte es sich um hölzerne Klappern, die einen eigenartigen Lärm auf den Dorfstraßen erzeugten.

Asche für den Aschermittwoch

Weniger bekannt als die immer noch gebräuchlichen Palmbuschweihen am Ostersonntag dürfte der „Palmbrand“ sein, von dem Lechner berichtet. Dabei werden die Palmbuschen an einen Weidenstock gebunden, am Karsamstag verbrannt und die Asche aufgehoben. „Damit wurde dann ein Jahr später am Aschermittwoch das Aschekreuz aufgelegt. So schließt sich der Kreis“, so Lechner. Aus dem angebrannten Palmstock wurden kleine Kreuze gefertigt, die beim Spaziergang am Ostermontag auf die Felder gesteckt wurde. So baten die Bauern damals um eine gute Ernte. Weit verbreitet war auch der „hölzerne Palmesel“. Den gab es auch in Bruckberg. Die Dörfer wetteiferten darum, wer den schönsten hatte. In einem Karren wurde der Prachtesel um die Kirche gezogen.

Fußwäsche für Gockel

Übrigens brachte die bunt bemalten Eier früher nicht nur der Osterhase bei uns im Landkreis, sondern auch ein gefiederter Kollege von ihm. Den Kindern erzählte man damals, dass der „Gockel“ die prächtigen Eier legte. Das blieb für den stolzen Hof-Hahn nicht ohne Folgen: Die Kinder wuschen dem Tier auf den Höfen deshalb bereits am Karfreitag die Füße mit einer Bürste – damit er die Eier nicht mehr schmutzig macht.

Diese eher befremdliche Prozedur bleibt den Gockeln bei uns im Landkreis Landshut heutzutage zum Glück erspart. Manche in dem Dokument von Lehrer Bollenmiller beschriebenen Traditionen werden im Landkreis Landshut aber immer noch gelebt. 

So begibt sich Vitus Lechner eine Woche vor Ostern, am Palmsonntag, auf eine „Palmeselwanderung“. Und am Ostermontag gehen junge Burschen in Weihmichl nachmittags immer noch „in die roten Eier“. Als Zeichen der Zuneigung erwarten sie sich aber heutzutage wohl etwas mehr als nur ein Ei. Mittlerweile sollte es schon ein Schnaps und eine Brotzeit in der guten Stube der feschen Damen sein. Dafür gibt’s manchmal auch ein Ständchen. Die Zeiten ändern sich eben – und mit ihnen die Bräuche.

Eine Palmbuschweihe im Landkreis Landshut in den 1960-er Jahren. Wie das Dokument über die Osterbräuche im Landkreis Landshut fand Heimatforscher Vitus Lechner das Bild in seinem Archiv. Foto: Lechner
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